Dankesrede SPD Neujahrsempfang, am 24. 01. 2020
(Annette Andernacht, Vorsitzende der Initiative Opferdenkmal e.V.)
Mein Dank geht zuerst an alle, die auf ihre jeweils persönliche Weise dazu beigetragen haben, dass das Denkmal entstehen konnte und heute zu einem festen Bezugspunkt für viele in Oberursel geworden ist. Denn eines ist klar: Hätten wir die Fertigstellung dieses Denkmals nicht geschafft, hätten wir heute vermutlich diesen Preis nicht erhalten.
Wie ich aus der Liste der bisherigen Preisträger ablesen kann vergibt die SPD mit ihrem JakOb nicht vorrangig eine Auszeichnung für Einzelleistungen im kulturellen Bereich, sondern würdigt langfristiges gesellschaftliches Engagement für Kultur. Und so passt es wohl, dass ein Verein, wie wir, die Initiative Opferdenkmal, für ihre Arbeit an der Erinnerungskultur heute diesen Preis erhält.
Erinnerungskultur bedeutet für uns nicht nur das Zusammentragen historischer Fakten, wie es Angelika Rieber und Eberhard Lauen in ihren akribisch recherchierten Fakten aus verstaubten Archiven und in behutsam geführten Zeitzeugengesprächen zusammengetragen haben und in einfühlsamen, nachvollziehbaren Biografien den ermordenden Menschen ein Gesicht gegeben haben.
Erinnerungskultur bezeichnet den Umgang des Einzelnen und der Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit und ihrer Geschichte. Alle Formen kreativer Verarbeitung des Geschehenen, Ausdruck des Leidens, der Freude, der Trauer, der Sehnsucht der Menschen sind Teil der Erinnerung. Die zahlreichen Veranstaltungen, die wir im Laufe der Jahre durchgeführt haben, waren stets begleitet von Lesungen, Theateraufführungen und musikalischen Darbietungen. Wir können unsere Geschichte nur erfassen, wenn wir auch emotional davon berührt sind.
Wie sicher viele unter ihnen wissen, ist die Initiative Opferdenkmal hervorgegangen aus der AG „Nie wieder 1933“, die bereits 1998 die Szenische Lesung aus Anlass der Pogromnacht 60 Jahre zuvor „9. November 19… ein ganz normaler Tag in Deutschland“ in der Stadthalle aufgeführt hat. Weitere herausragende Veranstaltungen waren das vor fast zwei Jahren aufgeführte Oratorium „Mädchenorchester von Ausschwitz“, die gemeinsam mit den Hochtaunusstreichern in der Hospitalkirche die Szenische Lesung, „Adressat Unbekannt“ oder im November das Konzert des „Jerusalem-Duo“, dazu der hervorragende Vortrag von Norbert Abels.
Die Gestaltung des Denkmals, vom Ideenwettbewerb über die Entwurfsplanung bis zu den Werkstattgesprächen mit der Bildhauerin Christine Niederndorfer, war ein kreativer Prozess, in dem die Initiative sich stark engagiert hat.
Was uns ganz besonders gefreut hat, ist, dass wir bei all den Events, bei allen öffentlichen Veranstaltungen, große Unterstützung von Menschen erhalten haben weit über den Kreis unseres wenige Mitglieder zählenden Vereins hinaus. Auch dies hat wesentlich dazu beigetragen, die Idee des Denkmals in die Stadtgesellschaft hineinzutragen.
Erinnerungskultur bedeutet für uns, wachsam zu sein, hinzuschauen, sich einzusetzen, tolerant zu sein gegenüber Fremden, gegenüber Anderssein.
Wir freuen uns, dass das Denkmal nicht nur als ein Ort des Gedenkens an Geschehnisse der Vergangenheit wahrgenommen wird, sondern ebenso als Ort angenommen wird, an dem man zu heutigen Ereignissen Stellung bezieht. Am 9. November 2015 kamen fast 800 Menschen zusammen, um mit einer Lichterkette ein Zeichen zu setzen für ein menschenfreundliches Oberursel, für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge. Die Lichterkette, die sich durch die Strackgasse, die gesamte Vorstadt und wieder zum Rathaus erstreckte, hatte ihren Ausgangspunkt am Denkmal. Eine schöne Geste war, dass eine Reihe von Teilnehmern an der Lichterkette anschließend spontan ihre brennenden Kerzen am Denkmal abgestellt haben.
Das Denkmal signalisiert nicht nur Erinnern, gerade heute, wo wieder ungestraft ausgegrenzt und gehetzt werden darf, ist es gleichzeitig ein Mahnmal für das „Nie wieder“.
Wie Antje vorhin gesagt hat, ist es gerade heute so wichtig, Zeichen zu setzen. Gerade heute, wo die neuen Faschisten eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad fordern.
Danke, dass Sie, die SPD, den Mut hatten unserem Verein, der „Initiative Opferdenkmal“ den JaKOb zu überreichen, um damit ein weiteres Zeichen zu setzen für: „Nie wieder“!