Wie können wir das Gedenken an die Opfer angemessen gestalten?
Einladung
Do., 19. März 2015, 19:30 Uhr
im „Alten Hospital“, Hospitalstraße 9, Oberursel
In der Liste der Oberurseler Opfer des Nationalsozialismus taucht immer wieder „Hadamar“ als Ort des Todes auf. Hadamar war in der Zeit des Nationalsozialismus einer der zentralen Orte, an denen Menschen mit Behinderung und psychischen Auffälligkeiten aus dem Raum Hessen mit der Begründung, es handle sich um „unwertes Leben“, umgebracht wurden. Das systematische Morden dort begann 1941. Zur Beseitigung der Toten wurde ein Verbrennungsofen in der Anstalt aufgebaut.
Gegenüber den Angehörigen wurde das Morden verschleiert, Todesursache, -ort und -zeitpunkt gefälscht. Nach 1945 wurde den Opfern der Euthanasie lange ihre Anerkennung als Opfer der nationalsozialistischen Rassenideologie verweigert. Bis heute ist das Thema Euthanasie noch immer für viele Menschen ein Tabu, über das in den Familien nicht geredet wird.
In der Veranstaltung wollen wir uns der Frage stellen, wie wir heute das Gedenken an die Opfer angemessen gestalten können.
Referenten:
- Margret Hamm
(Bund der Euthanasiegeschädigten und Zwangssterilisierten) - Dr. Uta George
(von 1994-2009 pädagogische Mitarbeiterin der Gedenkstätte Hadamar) - Dieter Pagel
(seine Mutter wurde in Hadamar umgebracht)
Gesprächsleitung:
- Andi Andernacht
(Mitglied der „Initiative Opferdenkmal“ und der AG „Nie wieder 1933“)
Veranstalter:
- „Initiative Opferdenkmal e. V.“
- Arbeitsgemeinschaft „Nie wieder 1933“
Den Opfern einen Namen geben
Am 19. März hatte die Initiative Opferdenkmal und die AG „Nie wieder 33“ zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Euthanasie ins Alte Hospital eingeladen. Auf dem Podium diskutierten Frau Margret Hamm vom Bund der Euthanasiegeschädigten und Zwangssterilisierten, Frau Dr. George und Herr Pagel. Frau Dr. George war mehrere Jahre in der Gedenkstätte Hadamar tätig und hat mehrere Aufsätze über das Erinnern an die Verbrechen geschrieben. Herr Pagel ist selbst Betroffener, seine Mutter wurde in Hadamar umgebracht. Moderiert wurde der Abend von Andi Andernacht, der für die Initiative eine kurze Einführung in das Thema gab.
Besonders gefreut haben wir uns über die Teilnahme von Herrn Stadtverordnetenvorsteher Dr. Müllerleile und Herrn Bürgermeister Brum.
Das Denkmal für die Oberurseler Opfer des Nationalsozialismus steht kurz vor seiner Vollendung und es fehlt noch die Glasplatte mit deren Namen. Deutlich wurde der Wunsch der Teilnehmer, dass alle Opfer ungeachtet der Gründe ihrer Verfolgung in gleicher Weise gewürdigt werden sollen. Das Denkmal als künstlerisches Gesamtwerk sollte diese zentrale Aussage transportieren. Eine namentliche Nennung auf dem Denkmal ohne Nennung von weiteren biographischen Daten, ohne erkennbare Zuordnung zu einer bestimmten Gruppe, könne dies am besten bewirken.
Die heute teilweise übliche Vorgehensweise, Namen von Euthanasieopfer abzukürzen, bewirkt, dass sie als Opfer einen Sonderstatus in der Darstellung erhalten und sie kann letztlich im Kontext einer lokalen Umgebung auch Anlass für falsche Zuordnungen sein. Daher wäre die vollständige Nennung der Namen in jedem Fall vorzuziehen.
Leider ist es noch immer so, dass einzelne Archive bis heute die Nennung von Namen der Euthanasieopfer nur auf Antrag und mit Zustimmung der Angehörigen erlauben. Nach dem Ende des NS-Regimes wurde in vielen Familien nicht über das Schicksal der ermordeten Angehörigen gesprochen, so dass in der heute lebenden Generation oft gar keine Kenntnis darüber vorhanden ist. Frau Hamm vom Bund der Euthanasiegeschädigten und Zwangssterilisierten machte deutlich, dass das Ermitteln von Angehörigen, das behutsame Ansprechen der Familien auf die Opfer, eine schwierige, zeitaufwendige Arbeit ist, die viel Einfühlungsvermögen verlangt. Trotzdem sei es richtig, diesen Weg zu gehen.
Presse
Downloads
- Einladung zur Veranstaltung (PDF, 255 KB)
- Plakat Euthanasie 2015, DIN A3 (PDF, 581 KB)